Duftforschung
Duftforschung

Die Wissenschaft hinter dem Duft

Nicht nur in der Nase gibt es Duftrezeptoren, sondern zum Beispiel auch auf Spermien, im Darm oder in der Haut. Düfte regulieren Hormone und wichtige Botenstoffe im Gehirn und beeinflussen so körperliche sowie geistige Funktionen.

Die Riechforschung war viele Jahre ein Schwerpunkt an der Ruhr-Universität Bochum und das Team um Prof. Dr. Dr. Dr. med. Hanns Hatt hat an vielen der Komponenten von „Knowledge by RUB“ selbst geforscht. Diese Liste enthält Informationen zu Wirkung und Wirkweise für einige der Inhaltsstoffe:

Hedion

Hedion gehört zu den Jasmonaten und duftet zart nach Magnolien und Jasmin. Es aktiviert den Pheromonrezeptor VN1R1 in der menschlichen Riechschleimhaut, wie das Team um Prof. Hanns Hatt 2015 herausfand. VN1R1 ist einer von nur noch fünf funktionsfähigen Pheromonrezeptoren beim Menschen. Zum Vergleich: Mäuse besitzen 300.

Gemeinsam mit Kollegen aus Dresden zeigten die Bochumer Forscher auch, dass der Geruch von Hedion geschlechtsspezifische Aktivierungsmuster im Gehirn erzeugt, die bei herkömmlichen Riechstoffen nicht entstehen. In der Studie aktivierte Hedion Hirnareale im limbischen System signifikant stärker als Phenylethylalkohol, ein klassischer floraler Duftstoff.

Das limbische System wird mit Emotionen, Gedächtnis und Antrieb in Verbindung gebracht. Zusätzlich und exklusiv sprach ein spezieller Bereich des Hypothalamus auf Hedion an, bei Frauen stärker als bei Männern. Dieses Hirnareal ist beteiligt an der Regulation der Geschlechtshormonausschüttung, zu denen die Zyklushormone gehören, aber auch das „Kuschelhormon“ Oxytocin.

Cineol

Cineol kommt in größeren Mengen in Eukalyptus und in Lorbeer vor. Menschen nehmen diesen Stoff über den klassischen Riechnerv wahr, bei hoher Konzentration zusätzlich über den Nervus trigeminus. Dieser Hirnnerv vermittelt zum Beispiel das Brennen und Hitzegefühl beim Genuss von Chili sowie das Kälteempfinden beim Konsum von Menthol, das auch bei Kontakt mit Cineol entsteht; oder – wie das Team um Hanns Hatt 2014 herausfand – das raue, pelzige Gefühl, das Rotwein auf der Zunge hinterlässt, auch als Barrique-Empfinden bezeichnet. Durch eine Aktivierung des Nervus trigeminus, der manchmal als „Warnnerv“ bezeichnet wird, macht Cineol wacher und belebt.

Geraniol

Geraniol ist Bestandteil vieler ätherischer Öle, kommt unter anderem in Koriander, Lorbeer und Muskat vor, vor allem aber in Rosen und Geranien. Es wirkt beruhigend, entspannt und macht uns gelassener. Den Wirkmechanismus zeigte Hanns Hatts Team 2010 anhand eines verwandten Duftstoffs: Gardenia Acetal.

Die Substanz verstärkt den Effekt des körpereigenen Botenstoffs GABA, der unter anderem entscheidend ist, um den Schlaf einzuleiten und aufrechtzuerhalten. Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine oder Barbiturate üben ihre Effekte auf die gleiche Weise aus, indem sie an den zugehörigen GABA-Rezeptor binden.

Gemeinsam mit den belebenden Komponenten wie Cineol entsteht eine ganz besondere Mi-schung, die Mediziner als tonisierend bezeichnen. Die Duftkombination macht nicht etwa gleichzeitig wach und müde. Sie sorgt für einen entspannten Zustand, der mit geistiger Frische einhergeht und so das kognitive Leistungsvermögen steigert.

Synthetische Moschusdüfte

Moschus hat eine süßliche, animalische Duftnote, der man nachsagt, die Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern zu stärken – allerdings nur, wenn man den Duft sparsam einsetzt, da viele ihn sonst als unangenehm wahrnehmen. Weil das Moschustier unter Artenschutz steht, kommen in Parfüms nur synthetische Moschusriechstoffe zum Einsatz. Sie teilen sich in drei Gruppen namens Polycyclen, Makrocyclen und Nitromoschusverbindungen.

Die Zellphysiologen der RUB haben für alle drei Gruppen Rezeptoren in der Riechschleimhaut identifiziert und näher charakterisiert. Sie fanden heraus, dass Menschen in den Genen für diese Rezeptoren häufig Mutationen aufweisen. Das bewirkt, dass sie Moschusnoten nur schlecht oder gar nicht wahrnehmen können. Auf die drei Duftstoffe, die in den Bochumer Studien die „Moschus-Rezeptoren“ aktivierten, meldeten Hanns Hatt und seine Kollegen erfolgreich Patente an.

Iso E Super

Iso E Super ist eine beliebte Komponente von Parfüms geworden. „Zart, weich und nach Mensch“, beschreibt Duftforscher Hanns Hatt den Geruch, „der Duft, aus dem die Träume sind“. Der Substanz sagt man nach, dass sie die Anziehungskraft zwischen Menschen stärkt und die Kommunikationsfreude fördert.

Hatts Team forscht derzeit an den molekularen Grundlagen der Iso E Super-Wirkung; speziell suchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach dem menschlichen Rezeptor, an den der Duftstoff bindet.

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