Statement zur Bundestagswahl des bundesweiten Netzwerkes Antidiskriminierung an Hochschulen 14.02.2025
Mitgezeichnet von: Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof)/ Netzwerk Diversity an Hochschulen
Am 23. Februar 2025 finden in der Bundesrepublik vorgezogene Neuwahlen zum Bundestag statt. Dies geschieht in einem politischen Klima, in dem rassistisch und sexistisch geprägte Diskurse um Migration, kulturelle und religiöse Zugehörigkeiten sowie geschlechtliche Identität zunehmend instrumentalisiert werden, um populistisch Stimmen zu gewinnen. Dieses gesellschaftliche Klima beeinflusst sowohl die Hochschulpolitik als auch die Situation für Studierende und Beschäftigte an den Hochschulen.
Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zeigen, dass Positionen, die sich gegen geschlechtliche Vielfalt, Rassismuskritik, Gender Studies und Antidiskriminierungsarbeit richten, zunehmend Gehör finden und Einfluss gewinnen. Ein solcher Backlash würde nicht nur bestehende Strukturen gefährden, sondern auch die demokratischen Grundwerte wie Vielfalt und Menschenrechte – die unser Hochschulsystem prägen – infrage stellen. Die wachsende Normalisierung diskriminierender und antidemokratischer Rhetorik birgt die Gefahr, dass gesellschaftlicher Fortschritt sowie die vielfältigen Ansätze und Errungenschaften der Antidiskriminierungs- und Diversitätsarbeit an Hochschulen – von der Förderung gerechter Bildungszugänge bis hin zur Bekämpfung struktureller Benachteiligungen – untergraben werden.
Berichte aus unserem Netzwerk zeigen, dass sich die Situation im Bereich der Antidiskriminierungs- und Diversitätsarbeit bereits verschlechtert hat. In einigen Bundesländern wurden Finanzmittel gekürzt, Projekte und Stellen nicht verlängert, und diskriminierende Strukturen und Taten negiert. Gleichzeitig nehmen rechtsextreme, rassistische, antisemitische und queerfeindliche Übergriffe und Einschüchterungsversuche an Hochschulen zu – befeuert durch das politische und gesellschaftliche Klima – während dringend benötigte Antidiskriminierungsarbeit gekürzt wird. Diese Entwicklung gibt Anlass zu großer Besorgnis.
Angesichts der zunehmenden Gefahren durch rechtsextreme, demokratie- und menschenrechtsfeindliche Strömungen rufen wir als Netzwerk dazu auf, demokratische Werte aktiv zu verteidigen! Die bevorstehenden Wahlen bieten die Möglichkeit, ein klares Zeichen für Vielfalt, Menschenrechte und eine gerechte Gesellschaft zu setzen. Wählen zu gehen ist ein unverzichtbarer Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie und der Grundwerte, auf denen unsere Hochschulen aufbauen.
Hochschulen haben den gesetzlich verankerten Auftrag, das Grundrecht auf Bildung für alle Menschen unabhängig bspw. von Geschlecht, Behinderung, Religion oder Herkunft zu gewährleisten. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen Antidiskriminierungsstrukturen an Hochschulen nachhaltig gesichert und ausgebaut werden. Engagierte Kolleg*innen haben in den letzten Jahren an vielen Hochschulen Beratungs- und Beschwerdestellen, Richtlinien und Schutzkonzepte unter teilweise prekären Bedingungen entwickelt, die nicht nur den Betroffenen Unterstützung bieten, sondern auch eine klare Haltung gegen Diskriminierung zeigen. Diese Errungenschaften gilt es zu verteidigen und weiterzuentwickeln, um die demokratische Kultur an Hochschulen zu stärken und zukünftigen Herausforderungen entgegenzutreten.
Neben einem klaren Bekenntnis zu demokratischen Grundwerten und Vielfalt bedarf es einer angemessenen finanziellen Ausstattung der jeweiligen Stellen im Bereich Antidiskriminierungsarbeit, unabhängig von politischen Mehrheiten auf Bundes- und Landesebene. Die Antidiskriminierungsarbeit muss intersektional ausgerichtet sein und die Chancengerechtigkeit von gesellschaftlich marginalisierten Personen oder Gruppen stärken. Solidarität von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen muss gestärkt werden.
Die Wissenschafts- und Kunstfreiheit muss vor ideologischer Einflussnahme geschützt und als zentrales demokratisches Prinzip gesichert werden. Wissenschaftsinstitutionen tragen die Verantwortung, menschenrechtsorientierte Positionen und demokratische Werte aktiv zu vertreten.
Wir fordern ein klares Bekenntnis der Hochschulen zur Fortsetzung, Weiterentwicklung und Verstetigung der begonnenen Antidiskriminierungsarbeit sowie zur Sicherung demokratischer Grundwerte – unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl.